Main-Echo vom 30. Juli 2007

Carmina Burana zur Hösbacher Kultnacht in St. Michael
Hösbach. Mit der konzertanten Aufführung der Carmina Burana von Carl Orff hat der Madrigalchor in der voll besetzten St.-Michaels-Kirche in Hösbach am Samstag überzeugt. Witterungsbedingt hatte die als Open-Air-Veranstaltung geplante Kultnacht des Kulturvereins in die Kirche verlegt werden müssen.

Dem Chor gelang unter der hervorragenden Leitung von Heinz Peter Rausch eine minutenlang frenetisch gefeierte Aufführung. Verstärkt wurde er von den Solisten Ester Hock, Sopran, Ralf Emge, Tenor, und dem Bariton Uwe Schenker-Primus. Die Begleitung übernahmen Pianisten Frank Rohe und Christopher Miltenberger von der städtischen Musikschule sowie die Percussionisten Wolfgang Umber, Jörg Fabig, beide Lehrer an der Musikschule, und die Schüler Leo Leitzinger, Richard Gläser, Timo Wenzel und Florian Zeller.

Die Carmina Burana ist von Orff in drei Teilen, Primovere, in Taberna und Cour d’Amours, angelegt. Beginnend mit dem gänsehauterzeugenden »O Fortuna«, stellt das Werk höchste Ansprüche an Chor und Begleitung. Mit exakten Einsätzen, im Pianissimo wunderbar verständlich und im Fortissimo befreit jubilierend, präsentierte sich der große Madrigalchor, dem sogar ein Kinderchor, geleitet von Karin Toursel, bei »Tempus et iocundum« zur Seite stand.

Der vom Würzburger Theater ausgeliehene Bariton Uwe Schenker-Primus nutzte die Akustik des Kirchenschiffs gekonnt. Leicht und raumfüllend gelang ihm eine hervorragende Interpretation in »Circa mea pectora« zusammen mit dem großen Chor. Köstlich anzusehen war die Theatralik des Tenors Ralf Emge, Dozent an der Frankfurter Musikhochschule, als er das Stück vom gebratenen Schwan, »Cignus ustus cantat« vortrug.
Die aus Schöllkrippen stammende Sopranistin Ester Hock überzeugte mit ihrer Ausdrucksstärke in dem glockenhell vorgetragenen Zweizeiler »Dulcissime«, »Du Süßester! Ganz Dir ergeb ich mich«. Wie sie dabei scheinbar mühelos lang den Ton hielt in »Amor volat undique«, bewies sie eine hervorragende Atemtechnik. Der Kinderchor unterstützte sie dabei voller Sangesfreude.

Bariton, Sopran, Chor, Instrumentalisten und Kinderchor schenkten dem atemlos lauschenden Publikum in »Lieblich ist die Zeit« einen Höhepunkt der Literatur des 20. Jahrhunderts in einer von Heinz Peter Rausch hervorragend geleiteten Aufführung. Die Hymne »Ave formoissima«, vom Chor ausdrucksstark und gefühlvoll vorgetragen, brachte die Carmina Burana zurück zum grandiosen Anfang, dem »O Fortuna«, das dem dankbaren Publikum noch lange in der Seele nachhallen wird.

Als Mönch verkleidet hatte Moderator Claus Paschold mit launigen Worten in die »Lieder der Benediktbeurer Handschrift« eingeführt und auf den sehr weltlichen Inhalt der lateinischen Texte hingewiesen. Die von Carl Orff am 8. Juni 1937 in der Frankfurter Oper uraufgeführte »szenische Kantate« komponierte er auf 24 der insgesamt 240 Texte, die im 11. und 12. Jahrhundert entstanden sind. Im Jahr 1803 wurden sie von Johann Christoph von Aretin im Kloster Benediktbeuern entdeckt und 1847 von Johann Andreas Schmeller als »Carmina Burana« editiert. Bernd Bauer